HTP goes E

Vom Solarstrom zum Elektrofahrzeug

Anfang Mai 2021 begannen die ersten Installationsarbeiten unserer Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von 99,2 kWp. Die Ausführung erfolgte als Aufdachanlage in Kurzschienenmontage auf dem Flachdach der Halle mit angeschlossenem Bürogebäude. Insgesamt wurden 320 monokristalline PV-Module mit jeweils 310 W Maximalleistung installiert.

Der erzeugte Gleichstrom wird über zwei Wechselrichter mit Nennleistungen von 60 kW bzw. 20 kW in netzkonformen Wechselstrom umgewandelt. Für die Einspeisevergütung und Netzanbindung war die Abstimmung eines geeigneten Energie-Messkonzepts mit dem zuständigen Energieversorgungsunternehmen (EVU) erforderlich. Das umgesetzte Konzept entspricht dem Modell der „Überschusseinspeisung mit Erzeugungsmessung“.

Im Rahmen dieses Konzepts sind zwei Zählpunkte erforderlich. Der erste Messpunkt wird durch einen Zweirichtungszähler („Z1“) realisiert, der sowohl die aus dem Netz bezogene Energie als auch die eingespeiste Überschussenergie erfasst.

Messkonzept

Die installierte Wechselrichtergesamtleistung liegt etwa 20 kW unter der Nennleistung der Photovoltaik-Module, da deren Maximalleistung nur bei senkrechter Einstrahlung auf die Moduloberfläche erreichbar ist. Aufgrund der Flachdachmontage und des damit verbundenen Neigungswinkels reduziert sich die realisierbare Maximalleistung um ca. 25 %.

Die Wechselrichter wurden zentral im Hauptgebäude installiert, in dem sich auch der Hausanschluss befindet. Dieser versorgt beide Gebäude und erfasst sowohl den Strombezug aus dem öffentlichen Netz als auch die Netzeinspeisung bei Stromüberschuss. Ein zweiter Zähler misst ausschließlich die Einspeiseleistung der Photovoltaikanlage. Auf Basis beider Messwerte lässt sich der Eigenverbrauch rechnerisch ermitteln.

Jahresüberblick

Aus unserer Visualisierung können wir auf die Daten des vergangenen Jahres blicken. Es wurden 95,7 MWh Energie bei 99,2 kWp erzeugt. Diese Werte sind in der nachfolgenden Monatsübersicht darstellt. Hieraus ist zu entnehmen, dass die geringste Monatsleistung bei etwas über einer Megawattstunde liegt, im rechnerischen Mittel liegt diese bei gut vier Megawattstunden. Um die vorangegangen Tage auch immer im Blick zu haben, lassen wir uns die letzten 14 Tage ebenso mit anzeigen. (unterhalb der Visualisierung zu finden)

Lastmanagement - Grundlegende Vorbereitung

Für die Realisierung muss die Ladeleistung dynamisch zum PV-Stromüberschuss geregelt werden können. Diese gezielte Steuerung der Stromflüsse wird als Lastmanagement bezeichnet. Für die Auswertung werden die Leistungsdaten, die von den Zählern „Z1“ und „Z2“ bereits erfasst werden, benötigt. Die Zähler des Energieversorgers könnten theoretisch über eine optische Schnittstelle ausgelesen werden, jedoch ist der Informationsgehalt und die Aktualisierungsrate hierbei unzureichend. (z.B. keine Informationen über Schieflast/Frequenz). Um diese Daten detailliert und in schneller Taktung auslesen zu können, musste eine eigene Messung, parallel zur der des Energieversorgers, aufgebaut werden. Da der Hausanschluss und die Niederspannungshauptverteilung für diesen Umbau gänzlich getauscht werden mussten, konnten wir bei der Planung direkt netzwerkfähige Wandlermessungen vorsehen. Somit war die absolute Grundlage für das Lastmanagement vorbereitet.

Wallboxen, Lastmanagement, Visualisierung

Auf dem Markt ist die Auswahl an Wallboxen und Wallboxherstellen inzwischen sehr ausgeprägt. Wir haben unsere Anforderungen daher vorab definiert und anschließend ein Produkt gesucht, dass diese größtenteils abdecken kann.

Eine Grundvorrausetzung war, dass die Wallboxen(-en) selbst das Lademanagement ausführen und die ans Netzwerk angebundenen Wandlermessungen auslesen können. Zudem sollte jede Wallbox, jeweils zwei Ladepunkte mit 22 kW maximaler Ladeleistung aufweisen (= 44 kW max. Ladeleistung pro Wallbox).

Der Großteil aktueller Elektrofahrzeuge kann beim Wechselstromladen nur 11 kW Ladeleistung mit dem im Fahrzeug integrierten Gleichrichter umsetzten. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Gleichrichterleistung der zukünftigen Elektrofahrzeuge höher sein wird. (bei wenigen Modellen bereits der Fall)

Eine weitere Grundvoraussetzung war die Möglichkeit den Ladepunkt mittels RFID-Karte freizugeben und damit auch ein nutzerspezifisches Logging der Ladungen erstellen zu können.

Wir hatten uns als Ziel gesetzt eine optisch ansprechende Echtzeit-Visualisierung aller Werte zu erstellen. Diese ermöglicht uns und auch anderen Interessierten eine einfache Auswertung und grafische Darstellung. Somit musste die Wallbox eine vollumfängliche Schnittstelle zur Ein- und Ausgabe dieser Daten zur Verfügung stellen.

Um für die Zukunft auch mit einem intelligenten Lademanagement ausgerüstet zu sein, war es für uns wichtig, auch den Ladezustand der Fahrzeuge (SoC -State of Charge) bei der Ladung berücksichtigen zu können. So besteht die Möglichkeit, die Fahrzeuge an Tagen mit geringem PV-Ertrag nur so weit wie nötig zu laden.

Unser Anforderungsprofil konnte nur der Hersteller „openWB“ erfüllen. Aktuell haben wir 6 Wallboxen mit jeweils 2 Ladepunkten im Einsatz.

Im oberen Bereich werden die aktuellen Wetterdaten des Standorts Wendelstein angezeigt. Darunter folgt die Darstellung der momentanen Photovoltaik-Leistung in Kilowatt (kW) sowie der bisher erzeugten Tagesenergie in Kilowattstunden (kWh).

Anschließend wird die für den laufenden Tag prognostizierte PV-Erzeugung dargestellt, basierend auf Daten eines externen Onlinedienstes. Zusätzlich visualisiert das System die bislang insgesamt umgewandelte Energie der Anlage, die Sonnenstunden des aktuellen Tages sowie den derzeitigen Wirkungsgrad des Wechselrichters.

Ein zentrales Diagramm zeigt die PV-Leistung (orange), den Gesamtstromverbrauch am Hausanschluss (rot) sowie die kumulierte Ladeleistung aller Ladepunkte. Ergänzend wird der Sonnenstand im Tagesverlauf als gestrichelte gelbe Linie und die stündlich prognostizierte PV-Leistung als gepunktete gelbe Linie dargestellt.

Ein derzeitiger technischer Limitationspunkt besteht darin, dass viele Elektrofahrzeuge beim Wechselstromladen keine Informationen zum aktuellen Ladezustand (State of Charge, SoC) übermitteln. Dieser Datenpunkt war lange Zeit nicht Bestandteil der entsprechenden Normung. Die einzige praktikable Alternative ist die Abfrage des Ladezustands über den Server des Fahrzeugherstellers.

Viele Elektrofahrzeuge verfügen über eine Internetverbindung, die es ermöglicht, bestimmte Fahrzeugfunktionen – unter anderem den SoC – per App oder API abzurufen. Über die Visualisierung lässt sich somit unmittelbar erkennen, welcher Anteil des erzeugten PV-Stroms selbst genutzt bzw. ins Netz eingespeist wurde und wie hoch der Anteil der Ladeleistung am Gesamtstromverbrauch ist.

Tageswerte

Die aufsummierten Tageswerte werden in der Visualisierung unterhalb des Hauptdiagramms dargestellt. Diese umfassen folgende Kennzahlen: Gebäudestromverbrauch, ins Netz eingespeiste Energie, vom Netz bezogene Energie sowie die in Elektrofahrzeuge geladene Energiemenge.

Im Anschluss werden die aktuellen Betriebszustände der Ladepunkte angezeigt. Für jeden Ladepunkt kann ausgelesen werden, ob ein Fahrzeug angeschlossen ist. Sofern ein Ladevorgang aktiv ist, werden sowohl die momentane Ladeleistung als auch die bisher übertragene Energiemenge ausgewiesen.

Abschließend folgen zwei Diagramme, welche den Photovoltaikertrag der letzten Tage sowie der vergangenen zwölf Monate grafisch aufbereiten. Durch die gezielte Auswahl der Systemkomponenten in Verbindung mit unserem zukunftsorientierten Engineering konnten wir die definierten Anforderungen erfolgreich umsetzen.

Elektrofahrzeuge

Zur Reduzierung des Verbrauchs fossiler Energieträger wurden bislang acht vollelektrische Firmenfahrzeuge (Batterie-Elektrofahrzeuge) in den Fuhrpark integriert. Die kumulierte Speicherkapazität der Fahrzeugbatterien beträgt über 500 kWh. Ziel ist es, die Ladeprozesse dieser Fahrzeuge – soweit technisch und wetterbedingt möglich – vorrangig mit selbst erzeugtem Solarstrom abzudecken. Dadurch wird das öffentliche Stromnetz entlastet und die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaikanlage signifikant gesteigert.